22 – Mehr Umsatz mit weniger Mandanten

–  Was Sie durch eine ABC-Analyse erreichen können –

Als Steuerberater betreuen Sie menschlich und wirtschaftlich sehr  unterschiedliche Mandanten. In jeder Kanzlei gibt es „pflegeleichte“ Mandanten, die im persönlichen Umgang sehr angenehm sind, Honorarrechnungen immer pünktlich bezahlen ohne über das Honorar zu diskutieren und der Kanzlei durch Empfehlungen immer wieder neue Mandate zuführen. Leider gibt es aber auch typische „Problemmandanten“, die ständig etwas zu bemängeln haben, Rechnungen erst nach mehrfacher Mahnung bezahlen, dafür aber häufig in der Kanzlei anrufen und darum bitten, einmal schnell und natürlich kostenlos zu beurteilen, wie sich eine von ihnen geplante Maßnahmen steuerlich oder finanziell auswirken würde. Diese Mandanten verursachen oft überdurchschnittlich hohe Bearbeitungszeiten und sind aufgrund ihrer Persönlichkeit bei Mitarbeitern und bei der Kanzleileitung gleichermaßen unbeliebt.

Wahrscheinlich kennen Sie die sog. 80:20-Regel, wonach in vielen Lebensbereichen 80 % des maximal möglichen Ergebnisses bereits mit 20 % des Gesamtaufwandes erreichbar ist. Die verbleibenden 20 % der Ergebnisse erfordern mit 80 % des Gesamtaufwandes den größten Zeiteinsatz. Überprüfen Sie doch einmal in Ihrer Kanzlei, mit wie vielen Mandanten Sie bereits 80 % des Kanzleiumsatzes erzielen. Wenn Sie feststellen, dass die 80:20-Regel auch auf Ihre Kanzlei zutrifft, so ist es aus wirtschaftlicher Sicht sicherlich sinnvoller, sich vorrangig auf die wichtigen 20 % der Mandanten zu konzentrieren, statt einen hohen Zeitanteil für arbeitsintensive, aber umsatz- und ertragsschwache Mandate zu verwenden.

Mit einer ABC-Analyse können Sie Ihren Mandantenstamm systematisch analysieren. Anhand der Ergebnisse können Sie dann die Betreuungsintensität der einzelnen Mandate bewusst festlegen und sich bei Bedarf auch einmal von problematischen Mandaten trennen. Ihre ABC-Analyse sollte sowohl quantitative als auch qualitative Kriterien berücksichtigen.

Quantitative Faktoren

Zu den quantitativen Faktoren gehören insbesondere der Umsatz und der Deckungsbeitrag aus dem Mandat. Oft wird nur der Umsatz zur Beurteilung herangezogen und Mandanten mit einem hohen Umsatz gelten automatisch als besonders wichtig. Diese Denkweise ist allerdings nur dann zutreffend, wenn aus dem hohen Umsatz auch ein hoher Deckungsbeitrag resultiert. Deckungsbeitrag ist in diesem Fall der Umsatz abzüglich der direkt zuordenbaren Gehaltsaufwendungen, die für die Bearbeitung des Mandats anfallen. Zur zutreffenden Beurteilung eines Mandanten sollten daher in der Praxis möglichst beide Größen herangezogen werden.

Qualitative Faktoren

Ein wichtiges qualitatives Kriterium zur Mandantenbeurteilung ist das bisherige Empfehlungsverhalten. Empfiehlt der Mandant die Kanzlei aktiv weiter und wurden aufgrund dieser Empfehlungen bereits neue Mandate gewonnen? Oder ist der Mandant zumindest ein passiver Empfehler? Der Mandant spricht in diesem Fall zwar nicht selbst aktiv Empfehlungen aus, die Kanzlei erhält aber durch die Betreuung dieses Mandanten ein positives Image, wenn der Mandant regional eine bekannte und geschätzte Persönlichkeit ist oder ein hohes geschäftliches und  gesellschaftliches Ansehen genießt.

Weitere Kriterien sollten das Zahlungsverhalten und die Honorarakzeptanz des Mandanten sein. Wer immer erst nach mehrfacher Mahnung zahlt oder häufig die Honorarrechnung kritisiert ist in diesem Punkt sicherlich schlecht zu bewerten. Fragen Sie sich bei der Bewertung aber auch einmal selbstkritisch, ob die Kritik des Mandanten teilweise berechtigt sein könnte. Nur wenn das ausgeschlossen werden kann, darf hier eine schlechte Note vergeben werden.

Neben dem Zahlungsverhalten und der Honorarakzeptanz können Sie die Qualität der Zusammenarbeit bewerten. Ist der persönliche und zwischenmenschliche Umgang angenehm, werden Rückfragen vom Mandanten zeitnah beantwortet und Unterlagen termingerecht eingereicht? Dann ist dieser Faktor sicherlich positiv zu beurteilen.

Abschließend können Sie noch die voraussichtliche wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstumspotenzial des Mandantenbetriebs einschätzen, denn von diesen beiden Faktoren hängt meist auch die zukünftige Honorarentwicklung des Mandats ab. Die wirtschaftliche Entwicklung der Mandanten bestimmt somit auch die Zukunftsaussichten der eigenen Kanzlei.

Die Auswertung

Wenn alle Mandanten in den genannten Bereichen bewertet wurden, kann die Auswertung der ABC-Analyse erfolgen und die Mandanten in A-, B- und C-Mandate eingeteilt werden. Anschließend können Sie für jede Mandantengruppe die Betreuungsintensität definieren (z.B. Häufigkeit der Kontaktaufnahme, persönliche oder telefonische Kontaktpflege, Mandantenkontakt durch Chef oder Mitarbeiter, Maßnahmen zu Geburtstagen und Geschäftsjubiläen des Mandanten usw.), Ihre A-Mandanten werden Sie vermutlich weiterhin in der bisherigen Form  oder sogar noch intensiver betreuen. B-Mandanten haben oft das größte Potenzial für Ihre Kanzlei. Überlegen Sie, welche B-Mandanten durch eine intensivere Betreuung oder durch zusätzliche Beratungsangebote zu A-Mandaten werden könnten. Auch bei C-Mandanten können Sie sich die Frage stellen, ob einzelne Mandate auf diese Weise zu B-Mandanten entwickelt werden können. Bei problematischen C-Mandanten sollten Sie prüfen, ob Sie diese Mandanten trotzdem weiterhin betreuen möchten und ob durch eine Erhöhung des Honorars zumindest ein höherer Deckungsbeitrag erreicht werden kann. Wenn einzelne Mandanten  wegen der Honorarerhöhung kündigen, können Sie die eingesparte Zeit für eine intensivere Beratung der übrigen Mandanten verwenden. Durch die Konzentration auf A- und B-Mandanten und die konsequente Trennung von problematischen C-Mandaten kann es tatsächlich gelingen, mit weniger Mandanten mehr Umsatz zu erzielen und zugleich Bearbeitungszeiten und zwischenmenschliche Stressfaktoren zu reduzieren.

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