– Ein Leitfaden für den Einstieg in neue Beratungsfelder –
Die betriebswirtschaftliche Beratung wird aus vielen Gründen für den StB immer wichtiger: Wirtschaftlich schwierige Rahmenbedingungen in vielen Branchen zwingen Mandanten zunehmend, das betriebswirtschaftliche Instrumentarium intensiver zu nutzen als bisher, um die Existenz und die Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens zu sichern. Betriebswirtschaftliche Themen (wie z.B. Umsatzsteigerung oder Kostensenkung) stoßen bei Mandanten daher i.d.R. auf größeres Interesse als die schwer verständliche Materie „Steuern“. Auch Banken fragen bei Bonitätsprüfungen (Rating) verstärkt nach der Anwendung betriebswirtschaftlicher Instrumente im Mandantenbetrieb (z.B. Kostenrechnung, Planungsrechnungen, Nachfolgeregelungen usw.). Aus Sicht der Kanzleien ist festzustellen, dass die betriebswirtschaftliche Beratung von einer immer größeren Zahl von StB angeboten. Wer dieses Beratungsfeld zukünftig nicht abdeckt, riskiert daher ein Abwandern der Mandanten zu Berufskollegen mit entsprechendem Beratungsangebot. Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Kanzlei sollte die betriebswirtschaftliche Beratung daher in keinem Beratungsangebot fehlen. StB haben auch denkbar günstige Voraussetzungen für eine erfolgreiche betriebswirtschaftliche Beratung ihrer Mandanten: Der StB kennt aufgrund langjähriger Mandatsbeziehung die wirtschaftliche und persönliche Situation des Mandanten wie kein anderer und verfügt über Daten und Informationen, die sich ein externer Unternehmensberater oft erst zeit- und arbeitsaufwendig beschaffen muss. Der StB ist daher der „geborene Unternehmensberater“. Die betriebswirtschaftliche Beratung bietet zudem ein erhebliches Honorarpotenzial, wie die Tagessätze von Unternehmensberatern immer wieder beweisen. Je mehr die traditionellen Tätigkeiten (Buchführung, Jahresabschluss und Steuererklärung) unter Konkurrenz- und Honorardruck geraten, desto wichtiger wird die Erschließung neuer, lukrativer Tätigkeitsfelder.
Mit dem folgenden „Fahrplan“ können Sie das betriebswirtschaftliche Beratungsangebot Ihrer Kanzlei systematisch aufbauen.
Schritt 1: Umfang des Beratungsangebots festlegen
Definieren Sie im zunächst, welche Beratungsleistungen Sie anhand Ihrer zeitlichen und fachlichen Kapazitäten verstärkt oder zusätzlich anbieten möchten. Zu den typischen betriebswirtschaftichen Beratungsfeldern gehören:
- Bilanzanalyse / Kennzahlenanalyse
- Erfolgs- / Finanzplanung
- Kostenrechnung
- Unternehmensfinanzierung / Rating
- Investitionsrechnung
- Controlling
- Unternehmens- / Existenzgründung
- Unternehmenskauf / Unternehmensbewertung
- Unternehmensnachfolge
- Unternehmenskrisen
Die betriebswirtschaftliche Beratung erfordert oft in stärkerem Umfang als die steuerliche Beratung den Dialog mit dem Mandanten (in Besprechungen oder Workshops). Sie benötigen daher für einige Beratungssituationen ggf. auch ein bestimmtes „Methodenwissen“ für die Leitung von Besprechungen oder fütr die Moderation von Workshops. Dazu gehören z.B. :
- Moderationstechniken
- Kreativitätstechniken
- Präsentationstechniken
- Projektmanagementtechniken
Bei betriebswirtschaftlichen Beratungen geht es für den StB oft darum, die richtigen Fragen zu stellen, gemeinsam mit dem Mandanten Antworten bzw. Lösungen zu erarbeiten und für die Umsetzung der gefundenen Lösungen im Mandantenbetrieb zu sorgen. Die Lösungen sind dabei oft (latent) in den Köpfen der Mandanten bzw. deren Mitarbeitern bereits vorhanden. Sie müssen nur mit geeigneten Techniken und Methoden hervorgebracht, formuliert, strukturiert und umgesetzt werden.
Literaturtipp: „Das große Workshop-Buch“ von Ulrich-Lipp und Hermann Will liefert praxisbezogene Anleitungen für die Moderation von Workshops und die Leitung von Besprechungen.
Praxistipp:
Sicherlich wird es betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen geben, die Sie aus fachlichen oder zeitlichen Gründen nicht selber anbieten können. In diesem Fall sollten Sie prüfen, ob die Kooperation mit einem spezialisierten Unternehmens-berater sinnvoll ist. Durch die Kooperation haben Sie die betreffende Dienstleistung sofort im Beratungsangebot Ihrer Kanzlei, ohne dass Sie eigenes Know-how aufbauen müssen. Sie reduzieren damit die Gefahr, dass Ihre Mandanten diese Leistung anderweitig „zukaufen“ oder sogar zu einem anderen StB mit entsprechendem Angebot wechseln. Über die einschlägigen Beraterbörsen bei der KfW, bei IHKs oder bei Handwerkskammern können Sie Kontakt zu Unternehmensberatern aufnehmen und in einem unverbindlichen Vorgespräch prüfen, ob Sie im Einzelfall fachlich und menschlich erfolgreich zusammen arbeiten können.
Schritt 2: Formale Organisation festlegen
Betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen können Sie als unselbständiges Geschäftsfeld innerhalb der bestehenden Kanzlei oder über eine rechtlich selbständige Beratungsgesellschaft anbieten.
Wenn Sie die betriebswirtschaftliche Beratung innerhalb der bestehenden Kanzlei anbieten, so verursacht dies sicherlich die geringsten Zusatzkosten hinsichtlich Räumlichkeiten, Mitarbeitern und Versicherung. Sie gewährleisten zudem ein einheitliches Erscheinungsbild der steuerlichen und der betriebswirtschaftlichen Beratung gegenüber dem Mandanten.
Wenn Sie für die betriebswirtschaftliche Beratung eine rechtlich selbständige Unternehmensberatungsgesellschaft gründen, so verursacht dies zwar höhere Kosten, es erleichtert aber die Akquisition von Beratungsaufträgen, weil Sie bei Ihren Werbemaßnahmen nicht an die Restriktionen des StBerG und der BOStB beachten müssen. gebunden sind. Durch die getrennte Auftragserteilung seitens des Mandanten ergibt sich zudem eine getrennte Honorarvereinbarung mit der neuen Beratungsgesellschaft und es besteht nicht das Risiko, dass der Mandant die betriebswirtschaftliche Beratungsleistung als „Zugabe“ betrachtet, die durch das steuerliche Beratungshonorar mit abgedeckt ist.
Praxistipp:
Die Entscheidung für die organisatorische Gestaltung der betriebswirtschaftlichen Beratung hängt entscheidend vom Umfang des angestrebten Dienstleistungs-angebots ab: Ein eher kleines und überschaubares Leistungsangebot wird innerhalb der bestehenden Kanzlei erfolgen. Die Gründung einer rechtlich selbständigen Beratungsgesellschaft lohnt sich in diesem Fall meist nicht. Wenn dagegen ein umfangreiches Beratungsangebot angestrebt wird, das auch Nicht-Mandanten oder Berufskollegen (als Kooperationspartner) angeboten werden soll, so empfiehlt sich oft die Gründung einer eigenständigen Gesellschaft.
Schritt 3: Personelle Zuständigkeiten festlegen
Die Aneignung des erforderlichen Wissens und die Durchführung der betriebswirtschaftlichen Beratungen kann durch den Kanzleiinhaber und / oder durch qualifizierte Mitarbeiter erfolgen. Manche Kanzleien stellen Mitarbeiter speziell und ausschließlich für die Bearbeitung betriebswirtschaftlicher Beratungsaufträge ein. Es sollten in jedem Fall bestimmte Personen dauerhaft und regelmäßig für diesen Aufgabenbereich zuständig sein, um die Routine entwickeln zu können, die für eine rationelle Bearbeitung der Beratungsaufträge erforderlich ist. Dies betrifft nicht nur die fachliche Tätigkeit sondern auch die Einarbeitung in die betriebswirtschaftlichen EDV-Programme. Wenn der Kanzleiinhaber die betriebswirtschaftliche Beratung persönlich durchführen möchte, müssen i.d.R. steuerliche Aufgaben in größerem Umfang als bisher auf Mitarbeiter delegiert werden, damit der Aufbau und die Durchführung der betriebswirtschaftlichen Beratung zeitlich geleistet werden kann.
Schritt 4: Beratungsaufträge akquirieren
Bei den klassischen Dienstleistungen (Buchführung, Jahresabschluss, Steuer-erklärung) muss der Mandant diese Leistungen zur Erfüllung seiner gesetzlichen Verpflichtungen in Anspruch nehmen. Bei betriebswirtschaftlichen Beratungs-leistungen besteht eine derartige Verpflichtung nicht. Bettriebswirtschaftliche Beratungsleistungen müssen daher aktiv angeboten und „verkauft“ werden. Dazu empfiehlt sich folgendes Vorgehen:
- Erstellen Sie Musterausdrucke und Präsentationsmaterial, das Sie dem Mandanten vorlegen könne („So würde das aussehen …….“)
- Analysieren Sie Ihren Mandantenstamm mit der Frage: „Welche Mandanten kommen (vorrangig) für betriebswirtschaftliche Beratungen in Frage?
- Kommunizieren Sie Ihr Beratungsangebot aktiv und offensiv, z.B. durch Mailings, Mandantenrundschreiben, Flyer im Kanzlei-Wartezimmer, in Mandantengesprächen, bei Mandantenveranstaltungen oder anläßlich der Jahresabschlussbesprechungen. Denkbare Einstiegsfragen sind z.B. Wie würde eine Bank Ihr Unternehmen beurteilen ? Wo steht Ihr Unternehmen im Branchenvergleich ? Welche Möglichkeiten zur Kostensenkung gibt es ? Welche Möglichkeiten zur Umsatzsteigerung gibt es ?
- Erkennen Sie individuellen Beratungsbedarf zeitnah und systematisch aus der FiBu / BWA und sprechen Sie den Mandanten gezielt an (persönlich, schriftlich oder telefonisch). Erstellen Sie dazu gemeinsam mit Ihren Mitarbeitern eine FiBu-/ BWA- Checkliste mit den Punkten, auf die der Mandant angesprochen werden soll. Das folgende Muster können Sie dazu als Vorlage und Diskussionsgrundlage verwenden.
Checkliste: Erkennen von Beratungsbedarf aus Buchhaltung und BWA
Ertragsprobleme
O rückläufige Umsätze
O rückläufige Gewinne
O Verluste
=> Maßnahmen zur Umsatzsteigerung und Kostensenkung anbieten
Finanzierungs- / Liquiditätsprobleme
O Steigende Verschuldung
O Ständig ausgeschöpfter Kontokorrentkredit
O ungenehmigte Überziehungen
O Mahnungen (z.B. von Lieferanten)
O Späte / verspätete Bezahlung von Eingangsrechnungen (ohne Skonto) oder von Löhnen und Gehältern
O Rückgabe von Überweisungen / Lastschriften
=> Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzierung und Liquidität („Finanzierungsberatung“) anbieten
Schlechte Kennzahlen (z.B. Umsatz- / Kostenstruktur, Umsatzrendite usw.)
O im Vorjahresvergleich
O im Branchenvergleich
=> Maßnahmen zur Verbesserung anbieten
Steigender Forderungsbestand (bei gleichbleibendem Umsatz)
=> Maßnahmen zur Verbesserung des Forderungsmanagements und Mahnwesens
Schritt 5: Honorargestaltung festlegen
Die betriebswirtschaftliche Beratung fällt nicht unter die StBVV, so dass Honorare für betriebswirtschaftliche Beratungsleistungen frei vereinbart werden können. Als Orientierungshilfe können Tages- und Stundensätze von Unternehmensberatern herangezogen werden, die jedoch sehr weite Bandbreiten aufweisen. Lesen Sie zur Honorarhöhe und zur Honorargestaltung den Beitrag „Das Honorar für betriebswirtschaftliche Beratungen“.