Steuerberater stehen heute in verstärkten Wettbewerb mit anderen Kanzleien. Durch das Internet ist im Steuerberatungsmarkt eine hohe Transparenz entstanden und Mandanten vergleichen immer häufiger und intensiver die Angebote der einzelnen Kanzleien. Viele Mandanten sind dadurch deutlich honorarsensibler und wechselwilliger geworden. In Beratungsgesprächen kommt es daher immer häufiger vor, dass Mandanten auf die Leistungen und Honorare anderer Kanzleien hinweisen. Potenzielle Neumandanten erklären manchmal ausdrücklich, dass sie vor einer Mandatserteilung auch die Angebote anderer Kanzleien prüfen. Als Kanzleiinhaber müssen Sie souverän mit derartigen Hinweisen auf Ihre Mitbewerber umgehen können.
Verständnis zeigen
Machen Sie sich zunächst bewusst, dass der Mandant bei der Wahl seines Steuerberaters keine Fehlentscheidung treffen möchte, zumal es um eine Leistung geht, deren fachliche Qualität er meist nicht beurteilen kann. Der Mandant sucht die bestmögliche Beratung für seine individuelle Situation und hat verständlicherweise Angst vor der Wahl eines falschen oder zu teuren Beraters. Außerdem möchte der Mandant die Unannehmlichkeiten vermeiden, die ein späterer Beraterwechsel mit sich bringen würde. Zeigen Sie daher Verständnis dafür, dass der Mandant mehrere Angebote vergleicht. Sagen Sie: „Ich verstehe, dass Sie den bestmöglichen Berater für Ihr Unternehmen finden möchten und daher Gespräche mit mehreren Kanzleien führen. Der wichtigste Punkt ist ja, dass Ihre individuellen Wünsche und Erwartungen optimal erfüllt werden.“ Durch diese Aussage fühlt sich der Mandant verstanden und spürt keinen weiteren Rechtfertigungszwang für seine Angebotsvergleiche. Wenn Sie signalisieren, dass Sie die Prüfung mehrerer Angebote als völlig normalen Bestandteil des unternehmerischen Entscheidungsprozesses sehen, sorgen Sie trotz des Gesprächs über Ihre Mitbewerber für eine weiterhin positive Gesprächs-atmosphäre.
Erwartungen klären
Fragen Sie den Mandanten dann, nach welchen Kriterien hat er andere Anbieter auswählt und beurteilt. So erfahren Sie, welche Kriterien für diesen Mandanten besonders wichtig sind. Wenn Sie die Erwartungen des Mandanten kennen wissen Sie auch, ob er bei Ihnen langfristig zufrieden sein wird. Anschließend können Sie dann die Leistungen und Stärken Ihrer Kanzlei darstellen und dabei die vom Mandanten als wichtig bezeichneten Punkte besonders hervorheben. Auf diese Weise entsteht beim Mandanten das Gefühl, dass Sie individuell auf seine Erwartungen eingehen. Wenn es in die Situation passt, können Sie dem Mandanten auch geeignete Musterausdrucke vorlegen, um das Verständnis für die Beratungsleistung zu erhöhen. Achten Sie bei Ihrer Argumentation aber unbedingt darauf, dass Sie niemals schlecht über Mitbewerber oder deren Leistungen sprechen. Abwertende Bemerkungen über andere Kanzleien machen auf Ihren Gesprächspartner sicherlich keinen guten Eindruck.
Stärken überzeugend kommunizieren
In vielen Branchen entscheiden sich Kunden nicht unbedingt für den objektiv besten Anbieter, sondern für den Anbieter, der im Gespräch am besten auf die Bedürfnisse des Kunden eingeht, alle Fragen überzeugend beantwortet und bei dem der Kunde das Gefühl hat, dort am besten aufgehoben zu sein. Damit Sie überzeugend argumentieren können, sollten Sie im Vorfeld zunächst überlegen, wie Sie Ihre Leistungen und deren Nutzen verständlich und mandantengerecht formulieren und in welchen Punkten sich Ihre Kanzlei positiv von anderen Kanzleien unterscheidet. Zur Erarbeitung derartiger Unterscheidungsmerkmale können Sie sich fragen: „Warum sollte jemand ausgerechnet Mandant meiner Kanzlei werden? Führen Sie zu dieser Frage ein Brainstorming durch und versuchen Sie, möglichst viele Argumente zu finden. Beziehen Sie bei Bedarf auch Ihre Mitarbeiter in diese Überlegungen ein. Falls Ihnen spontan nicht genügend Argumente einfallen, können Sie sich aus Fachbüchern zum Marketing oder aus Kanzleimanagement-Zeitschriften weitere Anregungen holen. Wenn ein Mandant dann auf angeblich preisgünstigere Angebote von Mitbewerbern verweist, können Sie anhand dieser Merkmale oft sehr schnell deutlich machen, dass der Mandant gerade „Äpfel mit Birnen“ vergleicht, weil das niedrigere Honorar des Mitbewerbers oft nur durch einen geringeren Leistungsumfang oder geringere Qualität möglich ist. Als ergänzende Maßnahme bei der Erarbeitung von Unterscheidungsmerkmalen kann eine Analyse der regionalen Mitbewerber sinnvoll sein, wenn deren Anzahl überschaubar ist und Sie die wichtigsten Mitbewerber namentlich identifizieren können. Schauen Sie sich dazu insbesondere den Standort, den Außenauftritt und die Homepage dieser Kanzleien an und achten Sie auf deren regionale Aktivitäten und Werbemaßnahmen.
Ehrlichkeit und Offenheit
Vielleicht erkennen Sie in einzelnen Gesprächen, dass Sie wirklich nicht der beste Berater für die speziellen Bedürfnisse dieses Mandanten sind. Insbesondere für Einzelkanzleien ist es meist nicht möglich, in allen Bereichen besser als sämtliche Mitbewerber zu sein. Manchmal ist ein bestimmter Mitbewerber für spezielle Anforderungen des Mandanten wirklich der kompetentere Ansprechpartner. Wenn der Mandant besondere Fachkenntnisse im internationalen Steuerrecht erwartet, Ihre Kanzlei in diesem Bereich aber wenig Erfahrung hat, dann wird der Mandant mit Ihrer Beratung früher oder später unzufrieden sein und Sie werden das Mandat vermutlich wieder verlieren. Außerdem berichtet der Mandant in seinem persönlichen Umfeld über seine Unzufriedenheit und schadet dem Image Ihrer Kanzlei. Daher sollten Sie offen und ehrlich sagen, wenn Sie vermutlich nicht der beste Berater für diesen Mandanten oder für ein bestimmtes Themengebiet sind. Wenn sich der Mandant dann für einen Mitbewerber entscheidet, so wird er trotzdem einen äußerst positiven Eindruck von Ihrer Kanzlei haben. Er wird Ihre Ehrlichkeit und das Eingehen auf seine individuellen Wünsche zu schätzen wissen und Ihre Kanzlei bei geeigneten Mandanten empfehlen. Bei Schwierigkeiten mit dem gewählten Berater oder bei einer Veränderung im Beratungsbedarf wird er sich dann vielleicht wieder an Sie wenden.